Produktmodularisierung entlang der Supply Chain - Wie die Umsetzung gelingt

Martin Brylowski, Henning Schöpper und Marwin Krull

Der fortschreitende technologische Wandel, die Globalisierung der Märkte sowie zunehmend steigende Kundenanforderungen haben zu einem deutlichen Anstieg der Komplexität in produzierenden Unternehmen und deren Supply Chains geführt. Unternehmen und gesamte Wertschöpfungsketten begegnen dieser Entwicklung u. a. mit Produktmodularisierungsstrategien. In diesem Kontext findet jedoch die Untersuchung der Einflüsse von Produktmodularisierung auf die Supply Chain nur wenig Beachtung. Dies kann in der Folge zu ungenutzten Potenzialen und zusätzlichen Risiken, wie dem Verlust der Kernkompetenzen, führen. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit Prozessen und Erfolgsfaktoren, die sich durch eine gemeinsame Betrachtung von Produktmodularisierung entlang der Supply Chain ergeben. Auf Basis einer systematischen Analyse wissenschaftlicher Literatur und leitfadengestützten Experteninterviews wurden ein Vorgehensmodell mit unterschiedlichen Phasen und Schritten erarbeitet sowie die notwendigen Erfolgsfaktoren identifiziert.

Dieser Beitrag fokussiert das Spannungsfeld zwischen Supply Chain Management (SCM) und Produktmodularisierung. Die Themenbereiche weisen zahlreiche Berührungspunkte mit wegweisenden Megatrends aus der Gesellschaft auf, bspw. Individualisierung, Globalisierung oder neue Konsummuster von Kunden [1, 2]. In diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse der VDMA Studie „Zukunftsperspektive deutscher Maschinenbau“ als äußerst relevant einzustufen. Demnach sind Unternehmen, die sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, wirtschaftlich erfolgreicher als Unternehmen, die nicht ausreichend fokussiert arbeiten [3]. Diese Fokussierung wird als Zielsetzung in Supply Chains gesehen und muss daher auch bei der Entwicklung von Produkten und Prozessen berücksichtigt werden. Durch die Zusammenarbeit in Supply Chains (SC) versuchen Unternehmen den gesteigerten Anforderungen entgegenzuwirken [4]. Ein Beispiel ist die Kundennachfrage, welche zunehmend von Individualität geprägt ist [5]. Ergänzend dazu ist zu berücksichtigen, dass sich innerbetriebliche Leistungssteigerungspotenziale auf einem fortgeschrittenen Niveau befinden, sodass unternehmensübergreifende Wertschöpfung weiter in den Fokus rückt. Aufgrund dieser Entwicklung kann festgestellt werden, dass sich der Wettbewerb zwischen einzelnen Unternehmen hin zum Wettbewerb zwischen Supply Chains verlagert [6]. Effiziente Produktentwicklung und das gleichzeitige Kontrollieren leistungsfähiger Supply Chains sind als Erfolgsfaktoren in einer komplexen und globalisierten Welt zu sehen.

Modularisierung wirkt der steigenden Variantenvielfalt entgegen und macht dadurch Komplexität beherrschbar. Komplexität ist aber nicht nur auf die Produktvariantenvielfalt zurückzuführen, sondern ebenfalls auf verschiedene Aspekte aus dem SCM. Dazu zählen bspw. die Anzahl von Lieferanten und Kunden oder inkompatible IT-Systeme [7]. Begriffe wie „Modularisierung“ und „modulare Produktarchitektur“ werden in der Literatur häufig diskutiert. [8] definiert die Produktarchitektur als Zuordnung von Funktionen zu Produktmodulen. Somit liegt die Aufgabe der Produktentwicklung darin, die angestrebte Gesamtfunktionalität eines Produkts sicherzustellen, wobei gewisse Randbedingungen und Restriktionen beachtet werden müssen [9]. Modularität der Produktarchitektur bedeutet, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den physischen Komponenten und den Funktionen eines Produkts gibt. Im Vergleich dazu lässt eine integrale Produktarchitektur komplexe Mehrfachrelationen zwischen Komponenten und Funktionen zu. Trotz der hohen Relevanz der Thematik ist die Menge an wissenschaftlichen Publikationen in diesem interdisziplinären Bereich begrenzt [10]. Aus diesem Grund fokussiert dieser Beitrag diese Forschungslücke und liefert zahlreiche Erfolgsfaktoren für produzierende und besonders für kleine und mittlere Unternehmen.

 


Bild 1: Zweistufiges Forschungsdesign.

Methodisches Vorgehen

Zur Bearbeitung der Problemstellung wurde ein zweistufiges Forschungsdesign erarbeitet. In der ersten Stufe wurde eine systematische Literaturrecherche (SLR) durchgeführt, welche umfangreiche Ergebnisse zum Thema Produktmodularisierung entlang der Supply Chain generieren konnte. In der zweiten Stufe wurden die zuvor erarbeiteten Ergebnisse, mithilfe von leitfadengestützten Experteninterviews diskutiert und durch aussagekräftige Erkenntnisse erweitert.
Im ersten Schritt der Literaturrecherche wurden drei Datenbanken für wissenschaftliche Publikationen ausgewählt („Scopus“, „Web of Science“ und „ScienceDirect“). Scopus und Web of Science sind die größten Datenbanken für peer-review Literatur in diversen Forschungsbereichen. ScienceDirect wurde als ergänzende Datenbank ausgewählt, um die Weite des Suchfeldes auszudehnen. Zu Beginn wurden auf Basis einer intensiven Vorrecherche folgende Suchbegriffe für die SLR ausgewählt: Supply Chain Management, modularisation, modular, lifecyclecost, analysis, analyse, assesment und assess. Die Suchbegriffe wurden mithilfe von booleschen Operatoren („AND“ und „OR“) plausibel kombiniert, um die Anzahl der Suchergebnisse einzuschränken und so bereits nicht relevante Literatur auszuschließen. Zur Definition einheitlicher Schritte und zur Sicherung der wissenschaftlichen Qualität orientiert sich die systematische Literaturanalyse am Vorgehen nach [11, 12].
Die Suchanfrage bei der Datenbank Scopus ergab 120 Treffer, bei Web of Science 55 Treffer und bei ScienceDirect zwei Treffer. Die kumulierte Anzahl der Ergebnisse ergab somit 177 Treffer. Anschließend wurden Ausschlusskriterien definiert und stufenweise angewendet. Als erstes Ausschlusskriterium galt, dass lediglich veröffentlichte Journal-Artikel zu berücksichtigen sind. So konnte die Anzahl der Artikel auf 129 reduziert werden. Im darauffolgenden Schritt wurden doppelt vorhandene Artikel entfernt und die Anzahl der Artikel auf 96 reduzierte. Um die Aktualität der Ergebnisse gewährleisten zu können, galt, dass nur Artikel ab 2009 Berücksichtigung fanden und somit 63 Artikeln als relevant klassifiziert werden konnten. Daraufhin wurden Titel und Abstract geprüft und 40 Artikeln als relevant eingestuft. Im weiteren Prozessverlauf fand das sog. Volltext Screening statt. Durch den finalen Prüfungsschritt konnten 26 Artikel als relevant eingestuft werden. Im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse [13] wurden anschließend die inhaltlich relevanten Stellen codiert und ausgewertet. Das Protokoll der Recherche ist in Bild 1 abgebildet.

In der zweiten Stufe des Forschungsdesigns fand die leitfadengestützte Diskussion der Ergebnisse im Rahmen von Experteninterviews statt. Die Interviews dauerten zwischen 45 und 65 Minuten, wurden transkribiert sowie nach dem gleichen Schema wie die Literatur codiert und inhaltlich ausgewertet. Die Unternehmensart sowie der Tätigkeitsbereich der befragten Personen können Bild 1 entnommen werden.
Grundsätzlich ist die Vergleichbarkeit der Codierungen aus Forschung und Praxis gegeben, da die Erhebung teilweise parallel und sukzessive stattfand. Konkret bedeutet das, dass mit der Codierung von ca. 50 % der Artikel begonnen wurde. So konnte ein Grundgerüst erarbeitet werden, welches daraufhin auf die ersten vier Interviews angewendet und um neue Kategorien erweitert werden konnte. Mit dem erweiterten Codierungsschema sind im Anschluss die ersten 50 % der Artikel erneut analysiert worden. Nach der erneuten Codierung der Literatur fand die weitere Bearbeitung von Literatur und Interviews parallel statt. Nach Abschluss der Codierung sind alle codierten Textstellen ein weiteres Mal durchgearbeitet worden, um die Qualität beider Schemata zu erhöhen. Das Codierungsschema, welches unter der Zuhilfenahme der Codierungssoftware MaxQDA Analytics Pro entstand ist ebenfalls in Bild 1 abgebildet.


Ergebnisse

Nach intensiver Auswertung der identifi zierten Literatur sowie der durchgeführten Experteninterviews lässt sich ein geeignetes Vorgehensmodell für die Implementierung von Produktmodularisierung unter Berücksichtigung von Supply Chain Aspekten ableiten. Das Vorgehensmodell beginnt mit der Phase der Produktmodularisierung und wird durch die zweite Phase, welche zentrale SCM Aspekte mit einbezieht, fortgeführt. Beiden Phasen lassen sich einzelne Schritte zuordnen. Des Weiteren haben sich diverse Erfolgsfaktoren als relevant herausgestellt, auf welche abschließend eingegangen wird. Das Vorgehensmodell inkl. der einzelnen Phasen und Schritte ist in Bild 2 visualisiert.

 


Bild 2: Vorgehensmodell zur Modularisierung entlang der Supply Chain.

Phase I: Produktmodularisierung

Produktmodularisierung wird im Wesentlichen als zentrale Strategie zur Beherrschung steigender Produkt- und Supply-Chain Komplexität eingesetzt. Das hier entwickelte Vorgehensmodell macht diese Komplexität mithilfe von Produktmodularisierung und Aspekten des SCM beherrschbar. Dabei werden im ersten Schritt des Vorgehensmodells Treiber, welche zu einer erhöhten Produkt- und Netzwerkkomplexität führen, identifi ziert [Interview 1, 3, 5].
Um die Wirkung des Produktmodularisierungsprozesses quantifi zieren und anschließend bewerten zu können, wird im zweiten Schritt des Vorgehensmodells der aktuelle Grad der Komplexität ermittelt. Nach abgeschlossenem Produktmodularisierungsprozess, kann dieser Schritt erneut angewendet werden, um einen Vorher-Nachher-Vergleich durchzuführen [Interview 1, 3, 5].
Ausgehend von dem ermittelten Grad der Komplexität wird im dritten Schritt der „optimale“ Modularisierungsgrad bestimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass i. d. R. weder vollständig integrale, noch vollständig modulare Produkte optimal sind. Als Beispiel für ein integrales Produkt kann ein Laptop-PC genannt werden, wohingegen ein Desktop-PC modular aufgebaut ist. Hier sind Tastatur, Maus und Bildschirm separat an den Rechner angeschlossen und können ohne viel Mühe von dem Nutzer durch alternative Hardware ersetzt werden. Für eine vertiefte Betrachtung sowie die Kostenwirkungen der Modularisierung sei an dieser Stelle auf [14] verwiesen.
Im vierten Schritt fi ndet der eigentliche Produktmodularisierungsprozess statt. Hier wird die Modularisierung des Produkts geplant und dabei die Entkopplung der zentralen Funktionen bestimmt. Der Entkopplungsprozess sieht dabei das Schaff en definierter Schnittstellen vor. Schnittstellen zwischen zwei Modulen können physisch, durch das Trennen von mechanischen Komponenten oder digital, indem IT-Systeme miteinander verbunden werden, entstehen. [15–30] [Interview 1-5].
Existiert noch wenig Erfahrung in Bezug auf Produktmodularisierungsprozesse können stellvertretend für die Schritte eins bis drei Leuchtturmprojekte initiiert werden. Dabei wird ein Produkt ausgewählt und anschließend pilothaft modularisiert. Leuchtturmprojekte ermöglichen es, den Grad der Modularisierung im Spektrum von vollständig integral bis vollständig modular individuell festzulegen. Die dabei erworbenen Erfahrungswerte können anschließend als Ausgangssituation für weitere Modularisierungsprojekte genutzt werden. [Interview 3-5].


Phase 2: Supply Chain Management

Im fünften Schritt des Vorgehensmodells rückt die Supply Chain-Perspektive erstmalig durch die Beschreibung der Schnittstellen zwischen zwei Modulen, mithilfe eines Schnittstellenlastenheftes, in den Fokus. Das Lastenhaft kann ggf. im weiteren Verlauf an Lieferanten weitergegeben werden, damit diese innerhalb der definierten Schnittstellen vollfunktionsfähige Module produzieren und/oder entwickeln können. Die Tiefe der Wertschöpfung seitens des Lieferanten hängt dabei u. a. von deren Kompetenzen und Kapazitäten ab [15–30] [Interview 1-5].
Auf Basis der zuvor definierten Schnittstellen können Unternehmen im sechsten Schritt den Fokus ihrer Kernkompetenzen und somit ihre Funktion in der Supply Chain überprüfen. So kann sicherzustellt werden, dass sie kein strategisches Wissen an Lieferanten abgeben bzw. die Verantwortlichkeiten optimal über die Supply Chain verteilt sind. [15–30] [Interview 1-5].

Als siebter Schritt folgt die Lieferantenauswahl und -bewertung. Dabei sollten nicht nur quantitative Faktoren wie Kosten, Liefertreue oder Qualität berücksichtigt werden, sondern auch qualitative Entscheidungsparameter wie Unternehmenskultur, Kompetenzen oder Vertrauen, um die Effizienz der Zusammenarbeit entlang der Supply Chain zu verbessern. Die Lieferantenauswahl ist in erster Linie als Beginn einer strategischen Partnerschaft zu verstehen. Aus diesem Grund muss ebenfalls dem Entwicklungspotenzial der Lieferanten eine erhebliche Rolle bei der Bewertung und Auswahl zugewiesen werden. [15, 17–19, 24–32] [Interview 1-5].
Im achten Schritt erfolgt auf Grundlage der Lieferantenauswahl die eigentliche Vergabe der Wertschöpfungsaktivitäten entlang der Supply Chain. Im Vergabeprozess rücken der Einkauf und das Lieferantenmanagement in den Fokus, welche den eigentlich Vergabeprozess steuern. Die gezielte Vergabe von Wertschöpfungsaktivitäten an die Supply Chain kann als ergänzende Maßnahme zur Produktmodularisierung verwendet werden, um die vorherrschende Komplexität beherrschbar zu machen bzw. über die Supply Chain zu verteilen.

 


Bild 3: Codebaum der Erfolgsfaktoren.

Erfolgsfaktoren

Die Analyse von wissenschaftliche Publikationen und Experteninterviews hat einen Codebaum mit insgesamt 41 Erfolgsfaktoren ergeben. Dabei weisen Forschung und Praxis eine Schnittmenge von 20 Erfolgsfaktoren auf. Die Forschungsperspektive trägt zusätzlich zehn Faktoren bei und aus der Praxis ergeben sich weitere 11 Faktoren. Damit zeigt sich, dass beide Perspektiven ein gemeinsames inhaltliches Fundament aufweisen, allerdings jede der Perspektiven einen eigenen Beitrag leistet. Ein Teil der herausgearbeiteten Erfolgsfaktoren ist repräsentativ in Bild 3 dargestellt. Im Folgenden werden ausgewählte Erfolgsfaktoren zusammengefasst beschrieben.
Werden im Rahmen des Produktmodularisierungsprozesses die Komplexitätstreiber nicht ganzheitlich erfasst, besteht das Risiko, dass die positiven Effekte der Produktmodularisierung nicht vollständig ausgenutzt werden können. [Interview 1, 3, 5].

In der Entwicklung verursachte Fehler können weitreichende Folgen für nachgelagerte Prozessschritte haben. Beispielhaft können hier Abweichungen bei der Umsetzung von standardisierten Schnittstellen genannt werden. Das hat zur Folge, dass Module im weiteren Verlauf nicht ordnungsgemäß montiert werden können. [15, 17–20, 22–33] [Interview 1-5].
Damit die Potenziale der Produktmodularisierung ganzheitlich ausgenutzt werden können, gilt für die Entwicklung, dass im Verlauf der Konstruktion Baukastenregeln, Gleichteileverwendung und Schnittstellendefinitionen eingehalten werden. Das bedeutet, dass im Rahmen der Produktion standardisierte Module gefertigt oder serienmäßig montiert werden können. [15, 19, 25–29] [Interview 1-5].

Als weiterer Erfolgsfaktor ist die interdisziplinäre bzw. bereichsübergreifende Zusammenarbeit zu nennen. Diese ist entscheidend, da die Arbeitsumfänge in der Produktentwicklung, aufgrund von ansteigender Komplexität, häufig so umfangreich sind, dass sie nicht von einzelnen Bereichen geleistet werden können. Darüber hinaus reduziert interdisziplinäre Zusammenarbeit das Risiko, dass ausschließlich Subsysteme verbessert werden, ohne einen Fokus auf das Gesamtoptimum zu setzen. [15, 19, 20, 25, 26, 32] [Interview 1,3,5].
Um das Zusammenspiel einzelner Module in der gesamten Produktarchitektur zu gewährleisten, ist ein hohes Maß an Kooperation notwendig. Durch die verstärkte Verteilung der Modulverantwortung über die Supply Chain muss auf die Einhaltung der zuvor im Schnittstellenlastenhaft definierten Modularisierungsregeln geachtet werden. Kooperation erzeugt Vertrauen und Transparenz und bildet so die Basis für ein erfolgreiches Zusammenspiel der Akteure. [15, 17–21, 23, 25–31] [Interview 1-5].

Neben der Kooperation ist die Integrationsfähigkeit des OEM als weiterer Erfolgsfaktor zu nennen. Integrationsfähigkeit bedeutet das Schaffen geeigneter und ausgeglichener Informationsflüsse zwischen Lieferanten und dem Endprodukthersteller. Insgesamt muss sichergestellt werden, dass alle an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen ihre Stärken umfassend und in enger Zusammenarbeit einbringen können. [15, 18–27, 29–31, 34].
Modulare Produkte unterstützen die Allokation von Wertschöpfungstätigkeiten und Zuständigkeiten über die Supply Chain. Dabei kommt dem Endprodukthersteller zunehmend eine ansteigende Steuerungsfunktion zu. Die Einhaltung der im Laufe der Modularisierung festgelegten Regeln für Entwicklung und Produktion gelten speziell für Lieferanten, da diese von Beginn an der Produktentwicklung bzw. -entstehung beteiligt werden und somit ein Mitsprachemöglichkei bei der Definition ihrer Arbeitspakete besitzen. [15, 17–20, 22–33] [Interview 1-5].
Des Weiteren geht hervor, dass eine Reihe von Risiken bei der Lieferantenauswahl nicht zu vernachlässigen sind. Bspw. müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie ihr Wissen über strategische Wettbewerbsvorteile unter keinen Umständen verlieren und dieses Bestandteil der Kernkompetenzen bleibt. Darüber kann eine Einlieferantenstrategie, zur Erreichung von Skaleneffekten, zu einer ungünstigen Verhandlungsposition des Endproduktherstellers führen. Grund dafür ist, dass Lieferanten durch spezifisches Modulwissen eine hohe Marktmacht besitzen, was wiederum zu erhöhten Beschaffungskosten führen kann. Lieferantenabhängigkeiten können dadurch vermieden werden, dass vor allem Mehrlieferantenstrategien und das zusätzliche Bilden von strategischen Wertschöpfungspartnerschaften im Rahmen der Beschaffungsstrategie berücksichtig werden. [15, 17, 25–30].


Fazit und Ausblick

Im Rahmen des Beitrags werden vielfältige Erfolgsfaktoren abgeleitet. Als essenzieller Erfolgsfaktor für die Modularisierung entlang der Supply Chain stellt sich die Kooperation zwischen den Akteuren dar, welche die Grundlage für eine solide Vertrauensbasis und Transparenz zwischen den Wertschöpfungspartnern bildet. Als zentrales Risiko kann der Verlust von Kernkompetenzen und spezifischem Wissen genannt werden und muss im Rahmen eines strategischen Supply Chain Risikomanagements adressiert werden. Modularisierung ist kein gänzlich neues Konzept, gewinnt aber auch in Zukunft eher noch weiter an Bedeutung. Immer kürzer werdende Produktlebenszyklen und die steigende Nachfrage nach Produktvielfalt verlangen auch in Zukunft weitere Anstrengungen in diesem Bereich. Weiterführende Forschungsarbeiten fokussieren im Rahmen des BMWi geförderten Forschungsprojekts „Kostenwirkung der Modularisierung 2“ die Kostenbetrachtung von Produktmodularisierungsprojekten über die Supply Chain, um einen ganzheitlichen Überblick bzgl. der Kostenwirkungen zu gewährleisten.

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Schlüsselwörter:

Komplexität, Modularisierung, Supply Chain, Erfolgsfaktoren, Vorgehensmodell

Literatur:

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